Saturday, 27.05.2017 - Warschau

Warschauer Fortschrittskongress

Warschau. Am 27. Mai 2017 fand der zweite Warschauer Fortschrittskongress statt. Dieser soll polnischen Sozialdemokrat_innen die Möglichkeit geben, sich auszutauschen und aktuelle Herausforderungen, wie die schwachen Wahlergebnisse sozialdemokratischer Parteien in ganz Europa, zu diskutieren. Ziel ist es, die Idee einer offenen, progressiven und sozial gerechten Gesellschaft am Beispiel Polens zu konkretisieren.

Initiator der Veranstaltung ist der ehemalige Präsident Polens Aleksander Kwaśniewski. Seine Stiftung Amicus Europae organisierte den Kongress in Zusammenarbeit mit der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES). Die Teilnehmenden hatten die Möglichkeit, auf verschiedenen Panels aktuelle Problematiken der Sozialdemokratie und Herausforderungen für die Gesellschaft zu debattieren. Zudem wurden die Ergebnisse einer Studie der Foundation for European Progressive Studies über die Identität der Sozialdemokratie vorgestellt.

Aleksander Kwaśniewski erläuterte in seiner Einführung die aktuellen Herausforderungen für die Sozialdemokratie in Polen und Europa. Nicht nur in Polen habe die Sozialdemokratie mit großen Problemen zu kämpfen, auch in den übrigen Ländern der EU stünden ihr schwierige Zeiten bevor. Die Präsidentschaftswahl in Frankreich habe verdeutlicht, dass die französischen Sozialist_innen marginalisiert werden, in Deutschland sei der Schulz-Effekt mittlerweile verpufft und auch in Großbritannien befinde sich die Labour Party in einer schwierigen Lage.

Um sich den Veränderungen des 21. Jahrhunderts stellen zu können, müssten die Sozialdemokrat_innen Europas lernen sich anzupassen, neue Ideen entwickeln und die sich wandelnde Kommunikation im Informationszeitalter nutzen. Die Gesellschaft sei gespalten in sogenannte digital natives und digital immigrants. Kwaśniewski zufolge müsse man lernen mit diesen verschiedenen Gruppierungen umzugehen.

Diese Spaltung sei jedoch nicht die einzige, die Probleme in der Gesellschaft hervorrufe. Weitere Trennlinien verliefen zwischen den Gewinner_innen und Verlierer_innen der Globalisierung und entlang der populistischen Unterscheidung zwischen „uns“ und „den Fremden“. Diese Gräben, die in den heutigen Gesellschaften Europas existieren, haben die liberale Demokratie laut Kwaśniewski in eine Krise gestürzt. An der Überwindung dieser Gräben müssen die Sozialdemokrat_innen arbeiten, indem sie auch zukünftig für Gleichberechtigung in allen Lebensbereichen kämpfen.

Die „große Flüchtlingsfrage“ sprach Kwaśniewski ebenso an. Seiner Meinung nach sei die Entwicklung multikultureller Gesellschaften aufgrund der Globalisierung nicht mehr aufzuhalten. Zudem werde die polnische Bevölkerung immer älter. Daher brauche man Einwander_innen, damit in unterbesetzten Sektoren, wie dem Pflegebereich, genügend Arbeitskräfte vorhanden sein werden. Im Falle einer steigenden Einwanderung sei es jedoch von Bedeutung, dass Migrant_innen die Möglichkeit haben sich zu integrieren, ohne ihre eigene Kultur aufgeben zu müssen. Kwaśniewski betonte, dass eine liberalere Einwanderungspolitik keine Bedrohung darstelle: „Wer eine Öffnung der Gesellschaft befürwortet, stellt sich nicht automatisch gegen die Sicherheit Polens oder ist unpatriotisch“. Dieser Vorwurf vieler Populisten sei ungerechtfertigt.

Im Anschluss diskutierten Krzysztof Gawkowski (SLD), Barbara Nowacka (Inicjatywa Polska), Bartosz Rydliński (Ignacy-Daszyński-Zentrum) und Michał Syska (Ferdinand-Lassalle-Zentrum für Soziales Denken) die Identität und das Image der Linken Polens. Die Moderation übernahm Anna Skrzypek (Foundation for European Progressive Studies). Zudem beteiligten sich die Teilnehmenden anschließend an verschiedenen Diskussionsgruppen, um die verschiedenen Herausforderungen der Sozialdemokratie zu erörtern.

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